12. Leibniz-Konferenz Kognitionstechnologien 2011

KOGNITIONSTECHNOLOGIEN 2011 in Theorie und Praxis

07. Dezember 2011
Kultur- und Business-Center der VIETHAUS AG
Leipziger Str. 54-56, 10117 Berlin

Veranstalter:

LEIBNIZ-INSTITUT für interdisziplinäre Studien e.V. (LIFIS)
Schloss Lichtenwalde

in Zusammenarbeit mit
LEIBNIZ-SOZIETÄT DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN e.V.

Programminhalte:

Die 12. Leibniz-Konferenz „Kognitionstechnologien 2011“ folgt Intentionen und Diskussionen der 8. Leibniz-Konferenz „Wissenschaft im Kontext Interdisziplinarität und Transdisziplinarität in Theorie und Praxis“.

Die Teilnehmer jener Konferenz empfahlen, das Themenfeld Kognitionstechnologien in den theoretisch und praktisch exponierten, inter- und transdisziplinären Problemcluster „Wissenschaft im Kontext“ aufzunehmen und den Kognitionstechnologien eine eigene Leibniz-Konferenz zu widmen.

Im Zusammenhang mit der Kognition und engstens mit der wissenschaftlich-technischen und gesellschaftlichen Entwicklung verbunden, rücken zahlreiche theoretische sowie praktische Probleme und Fragen ins Zentrum des Interesses der Wissenschaft, der Technik, der Gesellschaft und der Menschen.

Dazu gehören – ohne auch nur den geringsten Anspruch auf näherungsweise Vollständigkeit zu erheben – exemplarisch:

  • neue Möglichkeiten und Mittel der Ausprägung individueller Fähigkeiten des Menschen sowie der legitimen (leider auch illegitimen) Steigerung seiner körperlichen und intellektuellen Leistungsfähigkeit,
  • die rationelle Organisation des menschlichen Denkens, Verhaltens und Handelns unter bewusster Integration von Regeln, Werten und institutionalisierten Normen,
  • die effektivere Gestaltung und fortschreitende Nutzung der Mensch-Maschine(Technik)-Beziehungen im Alltag und im Berufsleben unter dem insgesamt wachsenden Einfluss des ‚menschlichen Faktors‘ und bei Wahrnehmung maßgebender Steuerungs- und Regelungsmöglichkeiten an charakteristischen Schnittstellen,
  • der zunehmende Einsatz von Lehr- und Lern-Systemen im Kontext mit der Vermittlung von Kenntnissen, Fähigkeiten, Einstellungen,
  • das Adaptieren und Konsolidieren individueller Warn-, Diagnose- und Abwehrmechanismen gegen Täuschungen und Manipulationen,
  • die Entfaltung und fortwährende Erweiterung kognitiver Kompetenzen, wie Denken, Erfahrungen, Wissen, in ihren Wechselwirkungen mit ästhetischen und ethischen Kompetenzen,
  • kognitionsrelevante Entwicklungstendenzen der Technologien, insbesondere der Schlüsseltechnologien, der Sprach- und Bildverarbeitung.

Für eine Leibniz-Konferenz zu Kognitionstechnologien und deren inhaltliche Orientierung sprechen:

  • die Universalität der menschlichen und maschinellen Kognition (im Sinne der – verschiedene Gebiete der Psychologie und der kognitiven Neurowissenschaften einschließenden – Informationsverarbeitung von Menschen, der ‚künstlichen Intelligenz‘ und anderer systemischer, verhaltenssteuernder, strukturell-funktioneller Ganzheiten) sowie universeller Aspekte der zunehmend interaktiven Verständigung und Adaption in natürlichen, sozialen und technischen Informations- und Kommunikationssystemen – im Sinne der Systemtheorie: des biotischen, biopsychosozialen, gesellschaftlichen oder artefaktischen Organismusses.
  • dass die Kognition theoretisch und praktisch in ihrer mannigfaltigen inneren und äußeren Komplexität erfasst werden muss.Führende Vertreter der Berliner Psychologie-Schule um Friedhart Klix betonen und belegen mit experimentellem Material, dass bei der Informationsverarbeitung, beim Wissenserwerb, dem Erkenntnisstreben, der Wissensvermittlung, dem Ausbau der Kompetenz und beim menschlichen Verhalten Kognition, Motivation und Emotionen interagieren. Dabei ist dem Gefüge katalysierender oder inhibierender, interner und externer Entwicklungsgrößen gleichermaßen Bedeutung/Einfluss zuzumessen. Der biotische, biopsychosoziale, gesellschaftliche oder artefaktische Organismus empfängt nachweislich aus seiner kommunikativen Umwelt Informationen mit dem Charakter von Nachrichten, die bereits vom ‚Sender‘ mit Bedeutungen belegt sind (allerdings vom ‚Empfänger‘ nicht so verstanden werden müssen). Andererseits transferiert die jeweilige natürliche, technische, sozio-kulturelle oder gesellschaftliche Umwelt Informationen mit dem Charakter von Daten, die vom Organismus erst mit adäquaten Bedeutungen belegt werden müssen. Das verbindet beim Menschen nicht nur die sinnliche und rationale Stufe der Widerspiegelung, sondern formiert als Reflex die passive und aktive Akzeptanz gegenüber Phänomen in allen Seinsbereichen, formiert Kompetenzen, Haltungs- und Handlungsmuster, insbesondere Werturteile, Toleranzpotenziale, Maximen des Verhaltens.
    Unter dem orientierenden, motivierenden und final realisierenden Verhalten seien die von außen beobachtbaren adaptiven Einstellungen und Umstellungen des betreffenden biotischen, sozialen oder artefaktischen Organismus sowie die sie verursachenden Bewegungen vereint. Besonderes Interesse verdienen in diesem Kontext Elementaranalysen und die Diagnostik/(Therapie) der menschlichen Informationsverarbeitung, darunter Messmethoden und Maße für geistige und psychomotorische Leistungen, die Lern- und Entscheidungsfähigkeit, die Kurz- und Langzeitgedächtniskapazität, die Effektivität der Kommunikation sowie der Sprach- und Bildverarbeitung.
  • dass die erklärte Absicht der künstlichen Verstärkung, Erweiterung, Optimierung (Surplus) ggf. die Kompensation individueller Fähigkeiten der Menschen, das ‚human enhancement‘ – zumindest in bestimmten Kreisen der Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft – eine anhaltend heftige, politisch und ethisch kontroverse Debatte auslöst. Wissenschaftlich begründete Orientierungshilfen sind gefragt und unverzichtbar.
  • dass sich das ontische und logische Verständnis zur evolutiven Technologie keineswegs auf die gegenständliche Produktion einengt, obwohl deren Bedeutung unbestritten exponiert bleibt.
    Unter Technologie wird zunehmend das effiziente Gestalten und Beherrschen jeder zielgerichteten menschlichen Handlung subsumiert. Etwas detaillierter gefasst bedeutet dies, das finale Zusammenwirken des Menschen mit technischen Artefakten und/oder operationalen Agentia aller Art (Arbeitsmitteln) zur effektiv gestalteten und effizient zu vollziehenden Einflussnahme auf Stoffe, Energien und Informationen sowie andere zu verändernde Entitäten (Arbeitsgegenstände). Daraus erklärt sich zugleich der Begriff Kognitionstechnologien in seiner technologietypischen Dualität von Prozess- und Wissenssystem – von technė und epistemė. Berücksichtigt werden dabei die ‚human factors‘ und deren mehrdimensionale Einflüsse in sozio-technischen sowie Mensch-Maschine-Systemen.Integriert sind solche konstituierenden Prinzipien, wie das Formalisieren, Vereinfachen, Visualisieren, Programmieren und die humane, optimale Koordination zwischen den agierenden Menschen sowie den zu bedienenden Systemen an markanten Schnittstellen und in toto – das kognitive Engineering im engeren Sinn.
  • dass die sich rasch entwickelnden Kognitionstechnologien wegen ihrer außergewöhnlichen gesellschaftlichen Bedeutung von jedem involvierten Akteur und Betroffenen – unabhängig von seiner speziellen fachlichen Orientierung – einer besonderen, erfahrungs- und wissensbasierten Aufmerksamkeit sowie des verantwortungsvollen, werteorientierten und antizipierenden Engagements bedürfen, um beabsichtigte Effekte zu fördern und nicht gewollte Wirkungen einzugrenzen oder gänzlich auszuschließen.
  • dass es schon heute zahlreiche Belege dafür gibt, wie – neben der Informationstechnologie und der Nanotechnologie mit all ihren komplexen und vor allem im hochdimensionalen Bereich der life-sciences zunehmend konvergierenden Forschungsfeldern – die converging sciences and technologies (CT) insgesamt als maßgebliche und nachhaltige Grundlage für vielfältige wissenschaftliche, technisch – technologische, ökonomische, kulturelle aber auch bereits spürbare soziale Umgestaltungen mit widersprechenden Vorzeichen wirken. Derzeit repräsentiert die Nano-, Bio-, Info-, Cogno-Convergence eine offenbar kognitiv verstärkende und generell herausragende Version der anwendungsoffenen und rasch evolvierenden converging sciences and technologies.Ob und inwieweit die vernetzten Nano-, Bio- und Informationstechnologien mit den häufig ‚zielsetzenden‘ Kognitionswissenschaften ‚verschmelzen’, wird zu beobachten und zu bewerten sein. Konsens herrscht hinsichtlich der Verstärkung synergetischer Effekte infolge derartiger Konvergenzen und der weiteren Qualifizierung der koordinierenden und integrierenden Prinzipien der wissenschaftlichen Strukturierung, Bearbeitung und Abbildung komplexer Forschungs- und Entwicklungsprobleme.
  • dass die Inter- und Transdisziplinarität essenzielle Schlüssel zum Verständnis der Strukturen und des Verhaltens hierarchischer bzw. heterarchischer Systeme jeder Genesis von Nano, Mikro über Meso bis Makro und zur Verwirklichung der generalisierenden Integrations- und Konvergenzintensionen der Wissenschaft sind. Unbestritten und augenfällig wächst die wissenschaftliche, forschungspolitische und wirtschaftliche Bedeutung realer aber auch visionärer Konvergenzkonzepte.

Über diese Entwicklungen und ihre detaillierte Ausgestaltung wird in den Beiträgen und Diskussionen zu befinden sein, um Mahnern und Optimisten sachgerechte und sachdienliche Orientierungen und Anregungen für die Theorie und die Praxis vermitteln zu können.

Ausgehend von

  • den Erfahrungen aus bislang zehn Leibniz-Konferenzen „of Advanced Science“,
  • den Erwartungen der Teilnehmer dieser Konferenzen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst, Kultur, Politik sowie der Zivilgesellschaft und
  • bestimmt von den Maximen sowie Methoden der Inter- und Transdisziplinarität,

soll die gemeinsam vom Leibniz-Institut für interdisziplinäre Studien (LIFIS) und der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin geplante 12. Leibniz-Konferenz gleichermaßen Forum für Praktiker aus der Wirtschaft und der Politik sowie der Institution Wissenschaft, der Kultur, der Kunst, dem Bildungswesen, der IuK-Community und der kognitiven Ergonomie bilden. Zudem soll in den Dialogen und Disputen der Rahmen für mögliche Folgekonferenzen skizziert werden.

Interessenten sind aufgerufen, sich mit Vorträgen und Diskussionsbeiträgen zu beteiligen. Gefragt sind ebenso Konferenz-Beiträge, die sich charakteristischen Teilen und Aspekten des skizzierten Problemspektrums widmen oder dementsprechende praktische Erfahrungen vermitteln, als auch solche, die generellere Entwicklungen der Kognitionstechnologien reflektieren – also Einzelnes, Besonderes und Allgemeines repräsentieren.

Initiativreferate eingeladener Wissenschaftler sowie renommierter Praxis-Vertreter sollen thematisch relevante Meinungen und Erfahrungen vermitteln sowie den interdisziplinären Dialog anregen.

Programmkomitee:

  • L.-G. Fleischer (Vorsitz), MLS, LIFIS; Berlin
  • G. Banse (Vorsitz), MLS, LIFIS; Berlin
  • H.-O. Dill, MLS; Berlin
  • J. Erpenbeck, MLS; Berlin
  • K. Fuchs-Kittowski, MLS, LIFIS; Berlin
  • H. Hörz, MLS; Berlin
  • B. Junghans, MLS, LIFIS; Dresden
  • D. Kirchhöfer, MLS; Lehnitz
  • B. Krause, MLS; Berlin
  • W. Krause, MLS; Jena
  • J. Rothe, MLS; Potsdam
  • E. Sommerfeld, MLS; Senzig
  • G. Öhlmann, MLS, LIFIS; Berlin
  • G. Wangermann, MLS, LIFIS; Berlin
  • K.-F. Wessel, Humboldt-Universität; Berlin

Weitere Informationen und Downloads